Samstag, 28. Juni 2014

EP # 7: Spells


Die Zeiten sind finster. Willkür und Korruption regieren. Die Mächtigen lassen die Muskeln spielen, die Reichen schaufeln sich die Taschen voll und von der Revolte fehlt noch immer jede Spur. Ein klebriger, hoffnungsloser Dunst hängt in der Luft und legt sich wie ein Schmierfilm auf die Leiber: Angst, da bist du wieder, alter Freund, wirst fett und fetter und bist doch nicht satt zu kriegen.
Foul is fair and fair is foul. Ein dunkler Beat und ich kotze ... Hühnerfüße. Puppen, Nadeln, Schlangenzischen. Ein weißes Grinsen auf nackter Haut. Und wenn der Mond ein kalt gemeißelter Dolch ist, ist er scharf genug, um Blut aus einem Stein zu ziehen...

Spells ist die siebte Wohnzimmer-EP von My Rifle, My Pony & Me. Christian Ahl spielt Kontrabass. Frank Amling spielt Gitarre und singt.

Minimalismus pur: Hang Me, Oh Hang Me ist ein traditioneller amerikanischer Folksong, der 1963 auf Dave Van Ronk, Folksinger erschien und jüngst von Oscar Isaac in Joel & Ethan Coens Inside Llewyn Davis neu aufgelegt wurde. Kann man in die eigenen Unzulänglichkeiten verliebt sein? Man kann! Fehlerfrei war gestern: Black Wings stammt von Tom Waits’ meisterlichem Album Bone Machine (1992). Far from Any Road (2003) von The Handsome Family erlebte Anfang des Jahres ein furioses Revival als Titelsong von Nic Pizzolattos grandioser Fernsehserie True Detective und setzte sich wie ein giftiger, kleiner Wurm in unseren Hirnwindungen fest. Ramblin' Man (1951) von unserem alten Kumpel Hank Williams hat bei uns den Charme eines rostigen Nagels, der sich in die Fußsohle bohrt. Der aufrechte Gang war schon immer eine schmerzhafte Angelegenheit. Wir wünschen einen festen Tritt!

Donnerstag, 6. März 2014

EP # 6: Schmachtende Mädchenträume


„Intuition bezeichnet ein Wissen vor der Sprache, vor der Formulierbarkeit“, flüsterte Barbie, während sie und Ken ihre nicht vorhandenen Geschlechtsteile aneinander rieben. Ken schwieg, dachte sich aber seinen Teil. Er sehnte sich nach sensorischem Input. Warum gab es eigentlich kein Aufzeichnungssystem für Gerüche?

„Propaganda all is phony“, singt Bob Dylan. Lässt sich diese Aussage quantifizieren? Kann man durch Reduzieren der Phoniness der Propaganda ein Schnippchen schlagen? Eigentlich war Schmachtende Mädchenträume, die sechste Wohnzimmer-EP von My Rifle, My Pony & Me, als Konzeptalbum geplant, auf dem Allerweltshymnen ihres Pathos entkleidet und aufs Rudimentäre heruntergebrochen werden sollten. Ließ sich vielleicht arbeiten mit dem, was vom sonst Verachteten dann übrig blieb? Lässt sich nicht, stellte sich schnell heraus. My Heart Will Go On hinterlässt schon beim ersten Anstimmen einen pelzig-schimmeligen Belag auf der Zunge und One Moment In Time ist nach Abzug des Pathetischen überhaupt gar kein Song mehr.
Also eine Spur runtergeschaltet, zurück zum Wesentlichen, zu dem, was man mag: One Silver Dollar, im Original vorgetragen von Marilyn Monroe in Otto Premingers Western River of No Return (1954), Dolly Partons Gassenhauer Jolene und Katie Irvings I Never Dreamed Someone Like You Could Love Someone Like Me aus Brian de Palmas Carrie (1976). Songs von Frauen für Frauen (stimmt natürlich nicht wirklich: MM beglückt im Fluss ohne Wiederkehr ein rein männliches Publikum)! Gar nicht mehr ins Konzept passt Buddy Hollys Everyday, obwohl: Liebe?
Auf jeden Fall hat Frank (Amling) seine Stimme ein paar Oktaven tiefer gelegt und Christian (Ahl) bearbeitet seinen Kontrabass, als gäbe es kein Morgen. Bis dato das düsterste Werk von My Rifle, My Pony & Me. Wir wünschen viel Vergnügen!